Was ist beim digitalen Zeichnen anders?

Digitales Zeichnen wird in letzter Zeit immer beliebter. In diesem Artikel werden die Unterschiede zwischen handgezeichneten und digitalen Illustrationen erklärt.

 

Auch wenn wir vielleicht nicht gut darin waren, haben die meisten von uns, wenn nicht sogar alle, früher in der Grundschule gezeichnet, sei es im Kunstunterricht in der Schule oder einfach nur irgendwelche Kritzeleien in unsere Schreibhefte. Wenn du dich fürs digitale Zeichnen interessierst, aber bisher nur mit Hand gezeichnet hast und jetzt wissen willst, was die Unterschiede sind, ist dieses Tutorial genau das Richtige für dich!

 

 

1. Korrekturen

 

Es ist ganz normal, dass man sich hin und wieder vermalt! Einer der Hauptvorteile des digitalen Zeichnens ist, dass du Fehler ganz einfach mit der Rückgängig-Funktion korrigieren kannst. Darüber hinaus kannst du Bildeigenschaften wie die Liniendicke, -länge oder -farbe beliebig verändern. Fast alle Zeichenprogramme haben außerdem Funktionen zum Skalieren, Drehen und Anpassen von Helligkeit und Kontrast. Dadurch kannst du dein Bild bis zu einem Level an Perfektion bearbeiten, der beim Zeichnen mit Hand nie zu erreichen wäre. Zum Beispiel kannst du Körperproportionen wie die Größe von Händen, Füßen und Augen auch im Nachhinein noch frei nach Wunsch anpassen.

 

 

Beim herkömmlichen Zeichnen müsstest du dafür erstmal Korrekturflüssigkeit benutzen und warten bis sie getrocknet ist, oder noch schlimmer, den ganzen Bereich ausschneiden und neu aufkleben. All das kostet extrem viel Zeit und im schlimmsten Fall musst du sogar ganz von vorne anfangen. Im Vergleich dazu ist das Korrigieren beim digitalen Zeichnen viel leichter!

 

 

2. Koloration

Eine Besonderheit beim digitalen Malen ist die Verwendung von Ebenen.

Ebenen kann man sich wie aufeinander gestapelte, transparente Folien vorstellen.

 

Beim digitalen Zeichnen wird jedes Bildelement auf eine solche Ebene gezeichnet. Oft wird ein Bild in sehr viele einzelne Ebenen unterteilt, z. B. für Gesicht, Körper, Haare, Augen und so weiter. Dadurch hat man später die Möglichkeit, eine bestimmte Ebene zu bearbeiten, ohne dass dies einen Einfluss auf die anderen Ebenen hat. Wenn sich also zum Beispiel die Haare und das Gesicht auf verschiedenen Ebenen befinden, kannst du die Haare korrigieren, ohne dass sich das Gesicht mitverändert. Oder du kannst die Kleidungsfarbe ändern und dabei alles andere unverändert lassen.

 

 

Weitere Informationen zu Ebenen findest du hier:

> Was ist eine Ebene? (für digitale Zeichenanfänger)

 

 

Werfen wir nun einen Blick auf die Farb-Tools!

 

Beim herkömmlichen Zeichnen musst du, je nach Kunstgenre, erstmal verschiedene Zeichenutensilien besorgen, z. B. Aquarellfarben und -pinsel bei der Aquarellmalerei oder Leinwand und Spachtel beim Malen mit Ölfarben. Im Gegensatz dazu kannst du beim digitalen Zeichnen sofort loslegen, da die meisten Programme über Pinsel-Tools verfügen, mit denen verschiedenste Malstile nachgestellt werden können – vom Cel-Shading wie beim Anime-Stil über verlaufene Wasserfarben bis hin zu dicken Ölfarben!

 

↑ [Pinsel] Tool aus CLIP STUDIO PAINT

 

Das macht einen riesigen Unterschied, auch in Bezug auf die Kosten. Das Anschaffen von Zeichenmaterialien kann vor allem auf Dauer nämlich ganz schön teuer werden. Aber für digitale Kunst brauchst du lediglich einen Computer, ein Stifttablett und eine Zeichensoftware! Insgesamt ist die digitale Erstellung daher die ökonomischere Wahl, vor allem für diejenigen, die gerne verschiedene Kunststile ausprobieren wollen.

 

 

3. Effekte

Eine weitere Besonderheit digitaler Illustrationen ist die Möglichkeit, ganz einfach verschiedene Effekte hinzufügen zu können. Indem du beim Kolorieren Effektebenen verwendest, kannst du solche realistischen und detailreichen Augen wie im Bild unten kreieren. Zum Beispiel kannst du einen Multiplikationseffekt auf die Augenbrauen anwenden, einen Leuchteffekt für die Lichtreflexionen erzeugen und anschließend violette oder rote Überlagerungen für mehr Tiefe hinzufügen.

 

 

Die verfügbaren Effektarten variieren je nach Software und es erfordert möglicherweise etwas Übung bis man sie beherrscht. Bücher und Tutorialseiten sind hier eine große Hilfe!

 

Es mag verlockend sein, seine Schwächen beim Zeichnen einfach durch solche Effekte zu überspielen, aber du solltest lieber daran arbeiten, sie von Grund auf zu verbessern, da sie sich bei komplexeren Werken ohnehin zeigen werden. Effekte sollen das Zeichnen nicht ersetzen, sondern lediglich als ein zusätzliches Werkzeug zur Verschönerung der Gesamtästhetik dienen.

Wie du Augen zeichnen kannst, erfährst du hier:
Anime-/Manga-Augen kolorieren

Anime-/Manga-Augen kolorieren

 

Was du beim digitalen Zeichnen beachten solltest

• Schütze deine Augen!

Durch das konstante Starren auf den Monitor ermüden deine Augen wesentlich schneller als beim Zeichnen mit Stift und Papier. Um deine Augen zu schützen, kannst du zum Beispiel eine Blaufilter-Brille tragen, wenn du über einen längeren Zeitraum zeichnest.

 

• Verlass dich nicht zu viel auf die Software!

Auch wenn dein Zeichenprogramm unglaublich viele hilfreiche Funktionen bietet, solltest du diese vielleicht nicht unbedingt für alles einsetzen, weil es dich daran hindern könnte, deine Zeichenfähigkeiten zu verbessern. Außerdem ist das Herumwerkeln an Bildern in der Endphase ein echter Zeitfresser!

 

• Behalte immer das Gesamtbild im Auge!

Aufgrund der Bildschirmgröße verliert man beim Zeichnen leicht den Überblick über die Gesamtkomposition. Vielleicht verbringst du Stunden an einem Detail, nur um dann festzustellen, dass die Proportionen im Gesamtbild nicht stimmen. Natürlich kann jeder Fehler auch im Nachhinein noch korrigiert werden, aber es ist immer besser zu versuchen, es von Anfang an richtig zu machen. Schau dir dein Bild also immer wieder im Ganzen an, während du zeichnest!

 

 

Schlusswort

Digitale Tools sind praktisch, aber sie werden nicht plötzlich auf magische Weise deine zeichnerischen Fähigkeiten verbessern. Egal ob digital oder nicht, die Zeit, die du für das Zeichnen selbst investierst, ist bei weitem der größte Lernfaktor. Je mehr du zeichnest, desto besser wirst du werden. Vergiss dabei aber auch nicht, Spaß am Zeichnen zu haben!

 

 

Werk: Nyle Inc.
Text: Wakako Ishida

Illustration: Yuko