Verleihe deinen gezeichneten Posen Leben und Ausdruckskraft!

Verleihe deinen gezeichneten Posen Leben und Ausdruckskraft!

Die Bewegungen von Figuren lassen Kraft und Rhythmus lebendig werden. Wenn du beim Zeichnen bewusst Bewegungslinien einsetzt, um die Bewegung einzufangen, haucht das deiner Figur Leben ein. Das Tutorial der Künstlerin Eridey muss man gesehen haben, wenn man lebendige Posen zeichnen will.

Die Figur verstehen

 

Um eine Pose richtig zu zeichnen zu können, musst du nicht immer gleich ein Anatomiebuch mit dir herum tragen. Es ist nicht so schwierig, wie es scheint: Beobachtung und Übung sind deine besten Werkzeuge. Wenn du aber irgendwann neugierig wirst, etwas Neues auszuprobieren (was ich hoffe), ist es nie verkehrt, sich doch ein Anatomiebuch zuzulegen.

Selbst wenn dein Zeichenstil nicht unbedingt realistisch ist, sind die Aspekte, die eine Pose interessant und glaubwürdig machen, die gleichen: Kraft, Rhythmus, Bewegungslinien, Aufbau und Perspektive.

 

Beobachten

Deine einfachste Vorlage bist du selbst. Wenn du dich in einem Spiegel betrachtest und anfängst dich zu bewegen, stellst du schnell fest, dass dein Körper als Einheit funktioniert.

Wenn du deinen Arm anhebst, ist er nicht der einzige Teil deines Körpers, der sich bewegt. Bei Puppen mit abnehmbaren Armen und Beinen ist dies meist nicht der Fall. Die Veränderungen in deinem Körper sind nicht wie die in Abbildung A, nicht wahr? Zum Beispiel heben sich auch deine Schultern und viele andere Körperteile passen sich der Bewegung wie in Abbildung B an.

Beobachten bedeutet diese Veränderungen im Details zu beachten und die Eigenschaften des Körpers zu erkennen.

 

Kraft und Rhythmus

Deine Charaktere bewegen sich dank ihrer inneren Stärke. Sie können laufen, springen, tanzen und tun was auch immer dir in den Sinn kommt! Aber so lange sie nicht im Weltraum schweben, wirken auch anderen Kräfte auf sie ein. Schwerkraft hält sie zum Beispiel auf dem Boden.

 

Wenn zwei oder mehr Kräfte miteinander interagieren, entsteht ein Rhythmus, der der Bewegung Gleichgewicht und Richtung verleiht.

 

Wenn deine Figur nach links gedrückt wird, fällt der Körper in diese Richtung (A), es sei denn, sie leistet Widerstand (B) und versucht, aufrecht stehen zu bleiben.

Wenn dein Charakter etwas zu sich ziehen möchte, das sich nicht bewegen lässt, neigt sich sein Körper in die entgegengesetzte Richtung. Wenn die Katze hier der ausgeübten Kraft nachgeben würde, würde deine Figur offensichtlich umfallen, da die Katze die Figur momentan noch stehen lässt.

 

Kraft und Rhythmus liefern viele visuelle Informationen, mit denen du arbeiten kannst: das Gewicht deines Charakters (1), das Gleichgewicht der Pose (2) oder das Fehlen davon (3).

 

Bewegungslinien

Eine Bewegungslinie ist eine theoretische Hilfslinie, die die Bewegung eines Charakters anzeigt. Sie zeigt die allgemeine Richtung der Bewegung an und hilft dabei die Figur im Ganzen zu vereinheitlichen.

 

Im Folgenden siehst du ein paar Beispiele, bei denen Kraft, Rhythmus und die Bewegungslinie zusammen interagieren.

 

Beispiel 1

Figur 1 hat eine entspannte Haltung und ruht auf ihrem rechten Arm. Bei Figur 2 wurde die Bewegungslinie eingezeichnet, die sich vom Fuß bis zum Kopf zieht. Die Kurve ist s-förmig.

 

Die Haltung sieht entspannt aus, weil das Gewicht der Figur auf einem einzigen Punkt (3) liegt und sie das Gleichgewicht nur mit ihrem linken Fuß halten muss. Dieser ist angespannt, während der rechte Fuß entspannt gehalten wird.

 

Beispiel 2

Die nächste Pose ist dynamischer, da in diesem Bild mehr Dinge vor sich gehen.

 

Hier gibt es insgesamt drei Aktionslinien, aber die wichtigsten sind 1 und 2, weil diese die eigentliche Aktion ausrücken. Die erste Linie drückt die Bewegung der gesamten Figur von Kopf bis Fuß aus und die zweite geht in die entgegengesetzte Richtung, hält das Gleichgewicht und bildet ein X. Die dritte Linie drückt aus, wie der Pose Stabilität verliehen wird.

 

In dieser Zeichnung können wir sehen, dass es eine Kraft gibt, die die Figur in die entgegengesetzte Richtung zu ihrem Blick drückt. Elemente wie Haare, Kleidung und Bodenstaub lassen darauf schließen, dass diese Kraft von der rechten Seite ausgeht. Da diese Elemente vom Gewicht her sehr leicht sind, reagieren sie schnell auf die Richtung, aus der die Kraft kommt.

 

Dieses Mädchen möchte sich aber diesem Widerstand aus eigener Kraft stellen. Sie hat nicht die Absicht, den Kampf zu verlieren.

 

Beispiel 3

Hier ist die Figur ein Baseballspieler. Er dreht seinen Körper, um genug Schwung zu bekommen und der Kraft des Balls entgegenzuwirken, um ihn weit weg zu schlagen. Sieht es nicht so aus, als ob er mit der Bewegung definitiv einen Homerun erzielt, obwohl du das Ende der Bewegung noch gar nicht gesehen hast? Die Pose schafft ein Gefühl des Vorausschauens. Wenn man weiß, wie man die Kraft, den Rhythmus und die Bewegungslinien richtig zum Ausdruck bringt, ist man in der Lage, den Betrachter auf den geplanten Weg zu führen. Das ist für jeden Comiczeichner sehr wichtig.

Es ist jedoch auch wichtig, das Bild im Ganzen nicht mit zu vielenBewegungslinien zu füllen, weil es die Absicht der Figur undeutlich werden lassen kann. Des Weiteren, kann es sein, dass die Kraft in verschiedene Richtungen ausgerichtet wird und die wichtigste Aktion ihren Schwerpunkt verliert.

 

Aufbau

Der menschliche Körper ist sehr komplex und es ist oft schwierig, korrekte Proportionen zu zeichnen und sich von der 2D-Ebene zu entfernen. Ich empfehle daher, sich auf eine Grundlage zu formen, die das Volumen verschiedener Teile ausdrücken. Dazu verwenden wir geometrische Figuren wie Kugeln, Würfel und Zylinder, um die Struktur des Körpers darzustellen.

 

Diese Figuren können je nach Pose frei gedreht, gedehnt und gebogen werden.

 

Sie repräsentieren auch die Richtung der verschiedenen Elemente des Körpers. Du musst besonders auf die Grenzen der Gelenke achten, wenn du ab einem bestimmten Punkt den Körper drehen oder verdrehen musst, um die Richtung beizubehalten; was dazu führt, dass sich die Haltung drastisch ändert.

Mit etwas Übung wird der Prozess für diesen Aufbau einfacher. Je besser du verstehst, wie diese grundlegenden Formen funktionieren, desto weniger Hilfestellungen wirst du benötigen.

 

Perspektive

Die Perspektive verwandelt eine 2D-Ebene in eine 3D-Ebene und verleiht der Komposition Tiefe und visuelles Volumen, wodurch der Betrachter sich von der Frontalebene loslösen kann.

Die Augenhöhe oder Horizontlinie stellen die tatsächliche Höhe der Augen des Betrachters dar (1), und die Fluchtpunkte sind die Linien, die von je einem Punkt am Horizont projiziert werden (2). Das folgende Bild hat eine Perspektive mit zwei Fluchtpunkten, mit denen wir die zwei Seiten der Figur erkennen können.

 

Der Körper ist detaillierter gestaltet, aber das Prinzip bleibt dasselbe. Zum Beispiel sind die Füße und Hände dieser Figur aufgrund der Perspektive kleiner und geben uns Hinweise darauf, wo die Fluchtpunkte zu finden sind.

 

Action-Posen wirken außerdem immer dramatischer, wenn die Perspektive übertrieben ist. Auch wenn die Posen nicht unbedingt realistisch sind, wirken Figuren glaubwürdiger und die Szenen werden interessanter.

Ich empfehle daher, so viel wie möglich mit Perspektiven zu üben und darüber zu lesen, da das Perfektionieren einige Zeit in Anspruch nimmt. Analysiere so viele Referenzen wie möglich. Am Ende wirst du überall Fluchtpunkte sehen.

 

Wichtige Linien

Du kannst deine Beobachtungsfähigkeit verbessern, indem du Posen aus Fotos oder von Personen im täglichen Leben als Referenz zeichnest und dir selbst ein kurzes Zeitlimit dafür setzt. Ziel ist es, die wesentlichen Informationen der Figur zu erfassen und möglichst viele Posen natürlich zeichnen zu lernen.

 

Diese Übung wird dir auch dabei helfen, Selbstvertrauen beim Zeichnen zu entwickeln. Hab keine Angst, die erste Linie zu zeichnen, und vermeide es, Linien zu entfernen, selbst wenn sie fehlerhaft erscheinen. Konzentriere dich, deutliche und klare Linien zu zeichnen.

 

Unten siehst du einige Beispiele von Posen, die ich innerhalb von 45 bis 60 Sekunden gezeichnet habe:

 

Konzentriere dich zunächst darauf, den gesamten Körper mit schwungvollen Linien zu zeichnen. Wenn du mehr Zeit hast, kannst du die Form detaillierter und weiter ausgestalten.

 

Hab keine Angst zu zeichnen, was du nicht siehst oder was verdeckt ist, denn es wird dir eine bessere Vorstellung der Struktur geben.

 

Versuche auch ggf. die Linien zu übertreiben. Es macht sie oft fließender und glaubwürdiger, auch wenn das unwahrscheinlich klingt.

Vermeide gerade Linien, es sei denn, das Modell befindet sich absichtlich in einer sehr starren Haltung. Die natürlichsten Posen bestehen aus Kurven.

 

Ich hoffe diese Tipps waren hilfreich!

 

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Vielen Dank, dass du den Artikel bis hierher gelesen hast!
– Eridey